Von Laboe aus sind die Seenotretter auch künftig unter dem Namen der Hauptstadt im Einsatz – Neubau wurde ausschließlich durch Spenden finanziert
Auf den Namen BERLIN hat Schauspielerin und Sängerin Meret Becker am Sonnabend, 17. Dezember 2016, in Bremen den jüngsten Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) getauft. Damit würdigt die DGzRS die Verbundenheit vieler Berliner zu den Seenotrettern. Das moderne Spezialschiff ersetzt seinen Vorgänger gleichen Namens auf der Station Laboe an der Kieler Förde. Wie die gesamte Arbeit der Seenotretter wurde es ausschließlich durch Spenden finanziert, darunter viele aus Berlin.
28 Meter lang, 6,20 Meter breit, zwei Meter Tiefgang, fast 4.000 PS stark und 24 Knoten schnell – das sind nur einige technische Daten des neuen Seenotrettungskreuzers BERLIN. Zu seiner Taufe begrüßten die Seenotretter zahlreiche Gäste, Freunde und Förderer aus nah und fern auf dem Gelände ihrer Zentrale in der Bremer Neustadt.
Meret Becker (47), in Bremen geborene und in Berlin lebende Stieftochter des 2013 verstorbenen Seenotretter-„Bootschafters“ Otto Sander, wünschte „allzeit gute Fahrt und stets eine sichere Heimkehr“. „Ein Seemann im Herzen, das war mein Vater. Ich habe schon als Kind großen Respekt vor der See gehabt. Ich bewundere diejenigen, die sich den Gefahren mutig und selbstlos entgegenstellen, um andere zu retten“, sagte sie.
Begeistert von den Seenotrettern ist auch die achtjährige Tessa Mielitz aus der Nähe von Hamburg. Schon im Alter von vier Monaten unternahm sie ihren ersten Segeltörn. Besonders eng ist ihr Kontakt zu den Laboer Seenotrettern. Mit den gleichen Wünschen, die Meret Becker der BERLIN mit auf den Weg gab, zog sie für das Tochterboot STEPPKE nach. Sein Name bezeichnet in Berliner Mundart einen pfiffigen Jungen.
Seenotretter-Vorsitzer Gerhard Harder betonte, dass der Neubau ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen ermöglicht wurde. „Jeder unserer Förderer im ganzen Land kann zu Recht von sich behaupten, seinen Teil dazu beigetragen zu haben. Ihnen allen danke ich sehr herzlich.“
Viele Einzelpersonen haben ihre Verbundenheit durch außergewöhnliche Spenden zum Ausdruck gebracht. Ihre Namen fahren an Bord auf einer Danktafel bei jedem Einsatz mit. Wer online gespendet hat, konnte seinen Namen zur Taufe auf einer großen Folie in Sammelschiffchen-Form am Rumpf wiederfinden.
„Die Hauptstadt hat Respekt vor Ihrer Arbeit“
Mehr als 13.000 Berliner unterstützen die Seenotretter mit regelmäßigen Spenden, und rund 400 Sammelschiffchen haben ihren „Liegeplatz“ in der Bundeshauptstadt. „Viele Berliner sind zudem Wassersportler auf der Kieler Förde oder verbringen an den Stränden im Revier der BERLIN ihren Urlaub. Ich freue mich, dass die deutsche Hauptstadt ihre patenschaftliche Verbundenheit und ihren Respekt vor der Arbeit und für das bürgerschaftliche Engagement zum Ausdruck bringen kann“, bekräftigte der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses Ralf Wieland bei seinem Besuch in Bremen zur Taufe der BERLIN.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hatte bereits bei einem Bremen-Besuch im Herbst 2015 seinem Namensvetter, dem Vormann der Seenotretter-Station Laboe Michael Müller, eine besondere Zusage gemacht: Er übertrug die 1986 von Eberhard Diepgen übernommene Patenschaft seines Landes zum Laboer Seenotrettungskreuzer auch auf den Neubau.
Die dort bisher stationierte BERLIN war 1985 als Typschiff der 27,5-Meter-Klasse in Anwesenheit des Bundespräsidenten und ehemaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Richard von Weizsäcker, getauft worden. Als Schirmherr der Seenotretter bezeichnete er die DGzRS seinerzeit in einer viel beachteten Rede als „Verbindung von Bürgermut und Bürgersinn“.
Auch die allererste BERLIN, ein Ruderrettungsboot, war in ihrer Zeit ein modernes Einsatzmittel der Seenotretter. 1873 zeigten die Seenotretter das speziell konstruierte Boot auf der Weltausstellung in Wien. Bereits sein Bau war seinerzeit nur möglich dank großzügiger Unterstützung aus Berlin.
All dies waren Gründe für die Seenotretter, den Namen des aktuellen Neubaus ausnahmsweise vorab bekanntzugeben und nicht – wie sonst üblich – erst bei der Taufe. „Wir haben uns breite Unterstützung der Bevölkerung gewünscht und erhalten, um diese besondere Rettungseinheit zu finanzieren. Dazu hat nicht zuletzt die Ausnahme von unserer traditionellen Regel beigetragen“, fasste Vorsitzer Gerhard Harder zusammen.
Gebaut für Einsätze unter extremsten Bedingungen
Die BERLIN ist der zweite 28-Meter-Seenotrettungskreuzer. Die jüngste und modernste Bootsklasse der Seenotretter ist im Zuge der turnusgemäßen Modernisierung der Rettungsflotte konzipiert als leistungsfähiger Nachfolgetyp für sechs 27,5-Meter-Einheiten, die zwischen 1985 und 1992 in Dienst gestellt wurden. Die dritte Einheit wird im Frühjahr 2017 die HERMANN HELMS auf der Station Cuxhaven ersetzen.
Stationiert werden die 28-Meter-Seenotrettungskreuzer an wichtigen Küstenpunkten. Ihr Einsatzgebiet wird das Küstenvorfeld ebenso wie die hohe See sein – bei jedem Wetter und auch unter extremsten Bedingungen. Wie alle Rettungseinheiten der DGzRS werden sie vollständig aus Aluminium im bewährten Netzspantensystem als Selbstaufrichter gebaut.
Die BERLIN entstand auf der Fr.-Fassmer-Werft in Berne an der Unterweser. Ihre Erprobung „auf Herz und Nieren“ in der Nordsee hat sie erfolgreich absolviert. Der Neubau wird voraussichtlich Mitte Januar auf der einsatzreichsten Station der Seenotretter in Laboe seinen Dienst aufnehmen. Jährlich verzeichnet die DGzRS dort zwischen 130 und 150 Alarmierungen.
Zwei je 1.440 kW/1.958 PS starke Maschinen beschleunigen das 120 Tonnen verdrängende Spezialschiff auf bis zu 24 Knoten (ca. 46 km/h). Gefahren wird es von einer vier Mann starken Besatzung. Besondere Merkmale sind eine umfassende Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung an Bord, eine Feuerlöschpumpe mit ferngelenktem Monitor zur Bekämpfung von Bränden auf See und die Fähigkeit, sich im Falle des Durchkenterns innerhalb weniger Sekunden selbst wieder aufzurichten. In der für Seenotrettungskreuzer typischen Heckwanne führen die 28-Meter-Einheiten jeweils ein gut acht Meter langes Tochterboot mit sich.