Spender der Bremer Eiswette von 1829 finanzieren modernste Rettungseinheit auf Nord- und Ostsee
Gut zehn Meter lang, weniger als einen Meter Tiefgang und äußerst seetüchtig – dies sind nur einige markante Merkmale des neuesten Seenotrettungsbootes der Station Langeoog. Zur Taufe im Rahmen eines Tages der offenen Tür seiner Bauwerft Fr. Fassmer in Berne/Unterweser begrüßte die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) am 12. August 2017 zahlreiche Gäste und viele Schaulustige.
Mareike Bröker taufte den Neubau mit der internen Bezeichnung SRB 67 auf den Namen SECRETARIUS. Sie wünschte „allzeit gute Fahrt und der Besatzung stets eine sichere Heimkehr“. Die gebürtige Bremerin stellt seit 2006 bei den Stiftungsfesten der Bremer Eiswette von 1829 „Frau Weser“ dar und symbolisiert damit den für die Traditionsveranstaltung so wichtigen Fluss.
Mit der Namengebung würdigt die DGzRS das erneute Engagement der Eiswette für die Seenotretter. Bei den Stiftungsfesten 2016 und 2017 hatten die rund 800 Eiswettgenossen und ihre Gäste jeweils rund 450.000 Euro in die Zahlteller der Tischältesten gelegt – und mit diesen Spenden das neue Seenotrettungsboot fast vollständig finanziert.
Secretarius der Eiswette und damit zuständig für die gesamte Organisation ist seit 2005 Jürgen Albrecht. Er war im Moment der Taufe sichtlich gerührt. Das Eiswettpräsidium hatte ihn in die Namengebung im Vorfeld nicht eingeweiht – die Überraschung war gelungen.
„Spende sichert Unabhängigkeit der DGzRS“
Die Spende der Eiswette und ihrer Gäste ist die jährlich größte Einzelspende an die DGzRS. „Für die Finanzierung dieses Neubaus sind wir ausgesprochen dankbar. Damit können wir unserer Besatzung auf Langeoog ein neues, modernes und sehr sicheres Einsatzfahrzeug zur Verfügung stellen“, betonte DGzRS-Vorsitzer Gerhard Harder anlässlich der Taufe mit Blick auf Vormann Gerriet Leiß und seine Freiwilligen, die von der Insel angereist waren.
Für die Eiswette ist die Unterstützung der Seenotretter etwas ganz Besonderes: „Wir sind stolz darauf, mit unserem Engagement dazu beizutragen, die Unabhängigkeit der DGzRS zu sichern und ihre eigenverantwortliche Arbeit auch in der Zukunft zu ermöglichen“, sagte Klaus Ziegler, Schatzmeister der Eiswette.
Die SECRETARIUS ist das sechste Schiff der Seenotretter mit Namensbezug zur Eiswette. Die Reihe begann vor 50 Jahren, im Sommer 1967, mit der EISWETTE VON 1829, dem ersten Tochterboot der PAUL DENKER. 1980 erhielt ein Seenotrettungskreuzer selbst den Namen EISWETTE. Ihm folgte 2009 die heutige EISWETTE/Station Nordstrand mit Arbeitsboot NOVIZE. Das Tochterboot der HARRO KOEBKE/Station Sassnitz wiederum heißt NOTARIUS nach einer Figur der Eiswettzeremonie.
Lange Verbundenheit und große Traditionen
Für Taufpatin und „Frau Weser“ Mareike Bröker sind die Eiswette und die Seenotretter ebenfalls untrennbar miteinander verbundene Bremer Traditionen. Als Absolventin der Hochschule Bremen, direkter Nachbar der DGzRS-Zentrale in der Bremer Neustadt, sind ihr die Seenotretter bestens vertraut. „Aber man kann nicht oft genug betonen, dass sie sich nur durch Spenden finanzieren“, sagte sie.
Auch Eiswettschneider Peter Lüchinger samt Bügeleisen ließ es sich nicht nehmen, zur Taufe der SECRETARIUS zu erscheinen. Die beliebte Bremer Traditionsfigur mit der lockeren Zunge spielt nicht nur an jedem 6. Januar eine wichtige Rolle. Umgekehrt hatte der Schneider zur Kiellegung von SRB 67 den Seenotrettern einen besonderen Dienst erwiesen. Er hatte eine Glück verheißende Münze in eine Sektion des Neubaus eingelegt, die nun bei jedem Einsatz mitfährt. Auf dieser Replik der ältesten unter städtischer Hoheit geprägten Münze Bremens von 1542 steht „Moneta Nova“, „also ,neues Geld‘. Das brauchen die Seenotretter ständig, um bei jedem Wetter ihre Einsätze zu fahren“, brachte es der Eiswettschneider gewohnt deutlich auf den Punkt.
Langeoog zählt zu den ältesten Stationen der Seenotretter. Bereits 1861, vier Jahre vor der DGzRS, hatte sich der Verein zur Rettung Schiffbrüchiger an der ostfriesischen Küste gegründet und noch im selben Jahr erste Stationen auf Juist und Langeoog errichtet. Wenige Jahre später schloss er sich der DGzRS an.
Turnusgemäße Modernisierung der Rettungsflotte
Die SECRETARIUS ersetzt auf Langeoog die CASPER OTTEN, die seit 2001 auf der Insel stationiert war. Es handelt sich um einen modifizierten Typ dieser Klasse, der besonders durch einen Spant mehr in der Länge die Unterbringung und Behandlungsmöglichkeiten an Bord für Schiffbrüchige, Erkrankte und Verletzte verbessert. Mit lediglich 96 Zentimetern Tiefgang kann das Boot auch im anspruchsvollen Tidenrevier mit vielen Sandbänken und Flachs rund um die Insel seine vielfältigen Aufgaben erfüllen.
Der Neubau ist einer von insgesamt zehn des gleichen Typs – das derzeit letzte soll 2020 seinen Dienst aufnehmen. Die Eckdaten der neuen Seenotrettungsboote:
Länge über Alles: 10,1 Meter • Breite über Alles: 3,61 Meter • Tiefgang: 0,96 Meter
Verdrängung: 8 Tonnen • Geschwindigkeit: 18 Knoten (ca. 33 km/h) • Besatzung: Freiwillige
Antrieb: ein Propeller, 380 PS
Wie alle Einheiten der Seenotretter sind die neuen Seenotrettungsboote als Selbstaufrichter konstruiert und vollständig aus Aluminium im bewährten Netzspantensystem gebaut. Sie zeichnen sich durch hohe Seetüchtigkeit aus. In Grundsee und Brandung besitzen sie gute See-Eigenschaften, manövrieren einwandfrei, überstehen heftige Grundstöße und sind in der Lage, dank des rundumlaufenden Fendersystems auch bei höheren Fahrtstufen und unter erschwerten Bedingungen bei Havaristen längsseits zu gehen.
Bei der Konstruktion wurden umfassende Sicherheitskriterien berücksichtigt. Die Neubauten sind mit modernster Navigationstechnik, leistungsstarken Schlepp- und Lenzgeschirren sowie einer umfangreichen Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung ausgestattet.