Eines der aufregendsten Wochenenden meines Lebens

Frauke Wengerowski zieht einen Überlebensanzug der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) an Bord des Seenotrettungskreuzers BERLIN/Station Laboe an. Senotretter Henry Hildebrandt hilft ihr dabei. Die 39-jährige Hamburgerin ist Gewinnerin des Online-Wettbewerbes „Werde Seenotretter für einen Tag“.
Foto: DGzRS/Die Seenotretter

Hamburgerin Frauke Wengerowski heuert als „Seenotretterin für einen Tag“ bei der DGzRS an

Ein extrem aufregendes Wochenende liegt hinter Frauke Wengerowski: Zuerst das sehr anstrengende „Überleben-auf-See-Training“, dann die spannenden 24 Stunden an Bord des Seenotrettungskreuzers BERLIN und am Ende noch ein Einsatz für ein Segelboot. Die 39-jährige Hamburgerin ist mit den Menschen zusammen gewesen, von deren selbstlosen Einsatz für das Leben anderer sie als Küstenkind seit vielen Jahren fasziniert ist. Als Gewinnerin des Online-Wettbewerbs „Werde Seenotretter für einen Tag“ der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) erlebte sie am 26./27. August 2017 die Arbeit der Seenotretter hautnah.

 Um bestmöglich auf ihre Aufgaben an Bord der BERLIN vorbereitet zu sein, absolvierte Frauke Wengerowski zunächst ein anspruchsvolles „Überleben-auf-See-Training“. Dafür stellte die Firma OffTEC den Seenotrettern ihr modernes Ausbildungszentrum in Enge-Sande zur Verfügung. Bei mehr als zwei Metern Seegang, Sturm und Dunkelheit trieb sie im Überlebensanzug gemeinsam mit erfahrenen Seenotrettern im Wasser, lernte den Umgang mit der Rettungsweste und musste eine Rettungsinsel besteigen.

Die Mutter zweier Kinder erfuhr am eigenen Leib, was die Seenotretter im Extremfall leisten müssen: „Wie anstrengend das Training ist, habe ich erst gemerkt, als ich wieder aus dem Wasser raus war. Im Wasser ist man sehr konzentriert auf die anderen. Ohne Zusammenarbeit wäre man auf See aufgeschmissen. Seenotrettung funktioniert nur im Team“, sagte Frauke Wengerowski. Und weiter: „Ich bin aus der Rettungsinsel raus und habe ein Menschenleben ,gerettet‘. Das ist ein total gutes Gefühl, auch wenn es vielleicht beim ersten Training noch nicht ganz fachmännisch war.“

Wenige Stunden später heuerte die Referentin für Personalmarketing auf der DGzRS-Station Laboe an. Vormann Holger Budig und seine Crew begrüßten die Hamburgerin, der die anstrengenden und erlebnisreichen Trainingsstunden sichtlich ins Gesicht geschrieben waren: „Ich bin an meine physischen und psychischen Grenzen gegangen“, gestand Frauke Wengerowski. Sie freute sich auf ihre Kammer an Bord der BERLIN.

Beherzter Sprung in die Kieler Förde
„Ich habe wunderbar geschlafen“, berichtete Frauke Wengerowski am nächsten Morgen. Wie bei Seenotrettern üblich, liefen bei ihr ebenfalls die Funkempfänger die ganze Nacht lang mit. In dem viel befahrenen Revier der Kieler Förde ist es auf dem international einheitlichen Not- und Anrufkanal 16 nie lange ganz still. „Ich bin zwar mal in der Nacht von Funksprüchen aufgewacht, aber sofort wieder eingeschlafen – so glücklich und erschöpft war ich.“



Nach dem Aufstehen gegen 6.30 Uhr forderte die Männer-WG auf See die 39-Jährige für die Bordroutine: Frühstück machen und „Rein Schiff“ standen an, bevor es mit der BERLIN zur Kontrollfahrt auf die Ostsee hinausging. Dort zog sich die Hamburgerin erneut einen Überlebensanzug an – eine „Person-im-Wasser-Übung“ stand an. Wenig später sprang sie beherzt ins 18 Grad kalte Wasser. „Ich habe jetzt eine Ahnung davon, wie Schiffbrüchige sich fühlen müssen. Obwohl ich wusste, dass die Seenotretter in der Nähe sind, spürte ich ein Kribbeln am ganzen Körper“, sagte die 39-Jährige, als sie wieder an Bord der BERLIN war.

Mit jeder Minute wuchs ihr Respekt vor der Arbeit der Seenotretter. Vor allem als sie einen Einsatz hautnah miterlebte: „Plötzlich waren alle sehr konzentriert und wussten ohne viele Worte, was zu tun ist“, schilderte Frauke Wengerowski die Situation an Bord. Ein Segelboot mit Maschinenschaden benötigte die Hilfe der Seenotretter. Routine für die Besatzung der BERLIN. Für die Hamburgerin dagegen: Adrenalin pur. Sie durfte die Leine für die Schleppverbindung zum Havaristen werfen: „Ich habe gleich beim ersten Mal getroffen und freue mich, jemandem in Not geholfen zu haben“, so die 39-Jährige stolz.

„Das Wochenende hat meine Erwartungen mehr als übertroffen – es ist eines der aufregendsten meines Lebens gewesen.“ Die vielen Eindrücke müsse sie in den nächsten Tagen und Wochen erst einmal in ihrem Kopf sortieren. Doch eins ist schon jetzt klar: „Meine Faszination für die Arbeit der Seenotretter ist noch einmal gestiegen, weil ich persönlich erfahren habe, wie viel Wissen, Engagement, Können und Herzblut jeder Einzelne jeden Tag zeigt.“

Kollegen sind der Schlüssel zum Erfolg
Zwischen Mitte Mai und Anfang August hatten sich rund 300 Frauen und Männer beim Wettbewerb „Werde Seenotretter für einen Tag“ um den Platz auf der BERLIN beworben. Sie mobilisierten Freunde und Bekannte, um Stimmen zu sammeln. Frauke Wengerowski begeisterte Freunde, Verwandte und Bekannte für ihren Traum. Sie aktivierte ihre Facebook-Kontakte und schrieb diverse Nachrichten in WhatsApp-Gruppen. Und sie sprach mit vielen Kollegen. Die waren letztlich der Schlüssel für einen Rang unter den zehn Erstplatzierten: „Wir sind für Dich auf Stimmenfang gegangen“, las Frauke Wengerowski in einer Mittagspause auf ihrem Smartphone. Da hatten ihre Kollegen gerade im Firmen-Intranet einen Beitrag über ihre Teilnahme an dem Seenotretter-Wettbewerb veröffentlicht.

„Es haben jede Menge Kollegen für mich gestimmt – auch viele mit denen ich nicht enger zusammenarbeite, weil sie die DGzRS einfach für eine ganz tolle Organisation halten und natürlich mir zum Sieg verhelfen wollten.“ Am Ende stimmten 445 Menschen für die studierte Kommunikationswirtin.

Über die Seenotretter
Die DGzRS ist zuständig für den maritimen Such- und Rettungsdienst in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben hält sie rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote auf 54 Stationen zwischen Borkum im Westen und Usedom im Osten einsatzbereit – rund um die Uhr, bei jedem Wetter. 180 fest angestellte und rund 800 freiwillige Seenotretter fahren Jahr für Jahr mehr als 2.000 Einsätze. Die gesamte unabhängige und eigenverantwortliche Arbeit der Seenotretter wird ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen finanziert, ohne Steuergelder. Seit Gründung der DGzRS 1865 haben ihre Besatzungen mehr als 84.000 Menschen aus Seenot gerettet oder drohenden Gefahren befreit. Schirmherr des Rettungswerkes ist der Bundespräsident.

Weitere Informationen unter www.seenotretter.de

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