Rund zehn Meter lang, weniger als einen Meter Tiefgang und 18 Knoten schnell – dies sind nur einige markante technische Daten des neuesten Seenotrettungsbootes der Freiwilligenstation Juist. Zur Taufe am Stationsgebäude auf der Nordseeinsel am 1. April 2017 begrüßte die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) zahlreiche Gäste und viele Schaulustige.
Martina Janssen-Visser, Mutter des Vormanns der Station, taufte das Seenotrettungsboot auf den Namen HANS DITTMER und wünschte „allzeit gute Fahrt und der Besatzung stets eine sichere Heimkehr“.
Hannaliese und Hans Dittmer finanzierten Neubau mit ihrem Nachlass
Finanziert wurde der Neubau durch den Nachlass von Hannaliese und Hans Dittmer, die die DGzRS mit einer außerordentlichen Zuwendung berücksichtigten, zweckgebunden für den Neubau einer Rettungseinheit.
Hans Dittmer verstarb bereits 1989, seine Ehefrau Hannaliese im Jahr 2015. Sowohl Hans Dittmer als auch sein Vater waren in der Schifffahrt tätig. Das ursprünglich aus der Dittmer-Familie stammende Vermögen kam somit aus der Schifffahrt, und Hannaliese Dittmer vermachte es der DGzRS, um nach ihrem und dem Willen ihres verstorbenen Mannes damit ein neues Schiff für die Seenotretter zu bauen.
„Das ist für uns ein sehr großer Vertrauensbeweis“, sagte Gerhard Harder, ehrenamtlicher Vorsitzer der DGzRS, in seinem Grußwort anlässlich der Taufe. „Ein Nachlass dieser Art gibt uns die Freiheit, einer Station ein neues, modernes und sehr sicheres Einsatzfahrzeug zu bieten, denn natürlich ist unser oberstes Ziel nicht nur, Menschen aus Seenot zu retten, sondern auch, dass unsere Besatzungen von jedem Einsatz heil und gesund zurückkehren. Wir sind Hannaliese und Hans Dittmer außerordentlich dankbar, dass sie uns mit ihrem Nachlass den Bau dieses Seenotrettungsbootes ermöglicht haben.“
Zehn-Euro-Münze fährt bei jedem Einsatz mit
Bei der Kiellegung auf der Schiffs- und Bootswerft Fr. Fassmer in Berne an der Unterweser am 11. Mai 2016 hatte Schauspieler und DGzRS-„Bootschafter“ Markus Knüfken einer Schiffbauer-Tradition folgend in eine Sektion des Neubaus eine glückbringende Münze eingelegt. Das Zehn-Euro-Stück, das die Bundesrepublik Deutschland 2015 zum 150-jährigen Bestehen der DGzRS als offizielles Zahlungsmittel herausgegeben hatte, verweist auf die lange Historie der Station Juist und soll der Besatzung Sicherheit, Glück und Gesundheit verheißen.
Juist zählt zu den ältesten Stationen der Seenotretter an der Nordsee. Bereits 1861, vier Jahre vor der DGzRS, hatte sich der Verein zur Rettung Schiffbrüchiger an der ostfriesischen Küste gegründet und 1861 eine der ersten Stationen auf Juist und Langeoog errichtet. Wenige Jahre später schloss er sich der DGzRS an. 1957 wurde die Station geschlossen, 1985 aber mit Stationierung des Seenotrettungsbootes ILKA neu eingerichtet. Erster Vormann wurde seinerzeit Arend Janssen-Visser, Vater des heutigen Vormanns Hauke Janssen-Visser.
Das neue, 18 Knoten (ca. 33 km/h) schnelle Seenotrettungsboot HANS DITTMER wird von einer Freiwilligen-Besatzung gefahren. Mit einem Tiefgang von lediglich 96 Zentimetern kann es auch im anspruchsvollen Tidenrevier mit seinen vielen Sandbänken und Flachs seine vielfältigen Aufgaben erfüllen.
Turnusgemäße Modernisierung der Rettungsflotte
Die HANS DITTMER ersetzt auf der Station das Seenotrettungsboot WOLTERA, das seit 2006 auf der Insel stationiert war. Es handelt sich um einen modifizierten Typ dieser Klasse, der besonders durch einen Spant mehr in der Länge die Unterbringung und Behandlungsmöglichkeiten an Bord für Schiffbrüchige, Erkrankte und Verletzte verbessert.
Das neue Seenotrettungsboot ist eines von derzeit insgesamt zehn beauftragten Neubauten des gleichen Typs – das derzeit letzte soll 2020 seinen Dienst aufnehmen.
Die Eckdaten der neuen Seenotrettungsboote:
• Länge über Alles: 10,1 Meter
• Breite über Alles: 3,61 Meter
• Tiefgang: 0,96 Meter
• Verdrängung: 8 Tonnen
• Geschwindigkeit: 18 Knoten (ca. 33 km/h)
• Besatzung: Freiwillige
• Antrieb: ein Propeller, 380 PS
Wie alle Einheiten der Seenotretter werden die neuen Seenotrettungsboote als Selbstaufrichter konstruiert und vollständig aus Aluminium im bewährten Netzspantensystem gebaut. Der Bootstyp zeichnet sich durch hohe Seetüchtigkeit aus. In Grundsee und Brandung besitzt er gute See-Eigenschaften, manövriert einwandfrei, übersteht heftige Grundstöße und ist in der Lage, dank des rundumlaufenden Fendersystems auch bei höheren Fahrtstufen und unter erschwerten Bedingungen bei Havaristen längsseits zu gehen.
Bei der Konstruktion wurden umfassende Sicherheitskriterien berücksichtigt. Die neuen Seenotrettungsboote werden mit modernster Navigationstechnik, leistungsstarken Schlepp- und Lenzgeschirren sowie einer umfangreichen Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung ausgestattet.
Die letzte Taufe hatte die Freiwilligen-Station Juist vor knapp 24 Jahren am 21. Juni 1993 erlebt, als seinerzeit das Seenotrettungsboot JUIST auf der Insel getauft worden war.