Frauke Wengerowski aus Hamburg gewinnt als erste Frau den DGzRS-Wettbewerb „Werde Seenotretter für einen Tag“
Sprachlos erleben die Kollegen Frauke Wengerowski selten. Gerade ist ein solcher Moment: Die 39-jährige Hamburgerin sitzt in einem Großraumbüro und weiß nicht, was sie sagen soll. Applaus der Kollegen. Schüttelfrost. Jubelschreie. Alles gleichzeitig. Sie hat es geschafft. Seit wenigen Sekunden weiß sie, dass sie großes Losglück gehabt hat. Die Referentin für Personalmarketing bei einem großen deutschen Onlinehändler ist die Gewinnerin des Online-Wettbewerbs „Werde Seenotretter für einen Tag“ der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS), an dem fast 300 Frauen und Männer teilgenommen haben. Jetzt heuert Frauke Wengerowski am 26. und 27. August 2017 bei den Seenotrettern an. Zum ersten Mal hat eine Frau den Wettbewerb für sich entschieden.
Als sie sich etwas gefasst hat, sagt Frauke Wengerowski einen dieser Sätze, die bleiben: „Es ist schöner als Weihnachten und Geburtstag zusammen – einfach grandios!“ Jetzt sprudelt es nur so aus ihr heraus: Aufgewachsen in Wilhelmshaven, Vater Seemann auf dem Großsegler „Gorch Fock“, seit vielen Jahren regelmäßig Familienurlaub auf Langeoog – ein Küstenkind, eben.
„Wenn wir auf der Ostfriesischen Insel sind, gehen wir mindestens einmal zur Rettungsstation der DGzRS, sonst ist es für uns kein richtiger Urlaub gewesen“, verrät Frauke Wengerowski. Das Seenotretter-Virus hat ebenso ihren Mann und auch ihren achtjährigen Sohn sowie ihre elfjährige Tochter fest im Griff. „Das Jahrbuch ist Pflichtlektüre“, sagt sie mit einem Schmunzeln. Denn nicht zuletzt ist sie auch Förderin der Seenotretter.
„Es fasziniert mich einfach, was die Seenotretter mit absoluter Professionalität leisten – unglaublich. Mehr als manches Wirtschaftsunternehmen.“ Die Besatzungen retten Menschen aus extremen Notsituationen, nicht ohne Risiko für ihr eigenes Leben – und das meist ehrenamtlich. Das bewundert Frauke Wengerowski: „Ich wollte das Leben an Bord einmal hautnah miterleben.“ Also nimmt sie am Online-Wettbewerb teil: Sie will unbedingt Seenotretterin für einen Tag werden. Dafür braucht sie Stimmen – viele Stimmen.
Eintrag im Firmen-Intranet lässt Stimmenzahl explodieren
Die 39-jährige Hamburgerin begeistert Freunde, Verwandte und Bekannte für Ihren Traum. Sie aktiviert ihre Facebook-Kontakte und schreibt diverse Nachrichten in WhatsApp-Gruppen. Und sie spricht mit vielen Kollegen. Die sind letztlich der Schlüssel für einen Rang unter den zehn Erstplatzierten: „Wir sind für Dich auf Stimmenfang gegangen“, liest Frauke Wengerowski in einer Mittagspause auf ihrem Smartphone. Da haben ihre Kollegen gerade im Firmen-Intranet einen Beitrag über ihre Teilnahme an dem Seenotretter-Wettbewerb veröffentlicht.
„Es haben jede Menge Kollegen für mich gestimmt – auch viele mit denen ich nicht enger zusammenarbeite, weil sie die DGzRS einfach für eine ganz tolle Organisation halten und natürlich mir zum Sieg verhelfen wollten.“ Am Ende stimmen 445 Menschen für die studierte Kommunikationswirtin. Das reicht für den ersten Platz – und letztlich den Sieg im Losverfahren, denn unter den zehn Teilnehmern mit den meisten Stimmen entschied letztlich das Los, so steht es in den Teilnahmebedingungen.
Jetzt wartet auf das Küstenkind ein ganz besonderes Wochenende: Frauke Wengerowski wird am 26. und 27. August spannende Tage mit neuen Erfahrungen und aufregenden Momenten erleben. „Ich bin total gespannt“, sagt sie. In Laboe wird sie für 24 Stunden an Bord des Seenotrettungskreuzers BERLIN leben. Dort wird sie essen, arbeiten und schlafen – den Alltag und Teamgeist der Seenotretter kennenlernen. „Ich schrubbe das Deck, schäle Kartoffeln oder unterstütze die Besatzung bei ihren Einsätzen. Wo immer ich gebraucht werde – ich bin dabei“, sagt sie.
Anspruchsvolles Training
Einen Tag zuvor wird im modernen Ausbildungszentrum der Firma OffTEC die Grundlage für die 24 Stunden an Bord gelegt. Das anspruchsvolle „Überleben-auf-See“-Training, bei dem Frauke Wengerowski manches von dem lernen wird, was Seenotretter können müssen, bevor sie zum ersten Einsatz rausfahren, stellt sie sich „ganz schön anstrengend“ vor. „Die realistischen Übungen werden sicherlich kein Spaziergang sein und nichts für Zartbesaitete“, ist sie sich sicher.
Die sportliche 39-Jährige fühlt sich jedoch fit für die beiden Tage. Schließlich ist sie Ausdauersportlerin, trainiert mehrmals pro Woche und ist schon den einen oder anderen Halbmarathon gelaufen. Ob sie trotzdem an ihre Leistungsgrenzen kommen wird, wird das Wochenende bei den Seenotrettern zeigen. Doch als Küstenkind kennt sie die See, weiß um die Gefahren und ist auf alles vorbereitet – außer auf einen Anruf der DGzRS. Ein solcher kann Frauke Wengerowski schon einmal sprachlos werden lassen.